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AutorenbildMarco Boulanger

// Ein Tag zuhause – Ding Dang Dong

»Guten Morgen, wir haben 7:30 Uhr. Zeit aufzustehen«

»Alexa, aus.«

»Ich habe Dich nicht verstanden. Du musst immer noch aufstehen.«

7:35 Uhr.

Ding Dong. Es klingelt an der Tür. Im Halbschlaf torkle ich zur Sprechanlage.

»Ja?«

»Müllabfuhr.«

»Ja Moment ich mach auf.« Ich höre mehrere Stimmen in der Sprechanlage, die zentral mit allen Bewohnern des Hauses verbunden ist. Ich gedenke mich nochmal hinzulegen, da ich heute frei habe. Das mit lange Ausschlafen konnte ich schon mal knicken. Also torkle ich weiter im Halbschlaf zur Kaffeemaschine und mach mir eine frische Kanne. Allmählich verlassen alle das Haus. Schön, ich werde heute einen ruhigen Tag haben. Ich warte bis der Kaffee fertig ist, zünd mir eine Zigarette an und genieße die Stille. Wir haben kurz nach 8 Uhr.

Ding Dong. Ich verdrehe die Augen und stehe von meinem Stuhl wieder auf und gehe wieder zur Sprechanlage.

»Ja?« frage ich noch recht freundlich.

»Hier ist die Morgenpost.«

»Ist gut.« Ich öffne mit dem Knopf die Tür unten. Für alle. Morgenpost ist unser regionaler Briefzusteller. In anderen Städten wird er wohlmöglich anders heißen, falls es einen gibt. So Kaffee ist ausgetrunken jetzt habe ich Lust mich zu entspannen und lasse mir ein Bad ein mit Kneipps Lavendel Stressabbau Essenz. Die Wanne ist voll und ich leg mich gemütlich in die Badewanne. Fünf Minuten später wir haben ca. 8:25 Uhr klingelt es erneut an der Haustür.

Wirklich? Dein Ernst? Nö ich bleibe in der Wanne, soll doch jemand anderes aufmachen. Ich warte. Es klingelt erneut. Nö, heute mach ich nicht auf. Ich warte und genieße das warme Wasser, das nach Lavendel duftet. Und wieder klingelt es. Mensch Meier. Ich steige aus der Wanne, binde mir schnell ein Handtuch um die Taille und laufe zur Tür, wobei ich nasse schaumige Fußspuren auf dem Laminatboden hinterlasse.

»Ja?«

»Hallo. Die Post.«

Das war aber das letzte Mal jetzt. Ich schlage den Hörer der Sprechanlage in die Halterung. Tatsächlich konnte ich ohne Unterbrechung weiterbaden, wobei ich kurz überlegt hatte nochmal eine Ladung der Essenz ins Wasser zu kippen, damit die Stressbewältigung besser wirkt. Nach dem Baden ziehe ich mich an und gehe schnell zum Supermarkt um die Ecke. Ich habe frei aber will heute viel Hausarbeit erledigen. Vom Einkaufen zurück, befülle ich die Spülmaschine und die Waschmaschine und lass sie laufen. Danach schmeiß ich den Staubsauger an und sauge einmal quer durch die Wohnung. Das Telefon klingelt. Nummer unbekannt. Ich nehme trotzdem ab und melde mich mit meinem Namen.

»Ja, wird sind von der Marktforschung und würden mit Ihnen gerne eine Umfrage durchführen.«

»Nein Danke ich habe keine Zeit.« Ich lege wieder auf und sauge weiter. Um 13:10 Uhr ruft es erneut an. Wieder mit unbekannter Nummer. Normal werde ich nur noch von Freunden und Familie über mein Handy angerufen und übers Festnetzt belästigen mich nur noch irgendwelche Firmen, die mich befragen wollen oder etwas verkaufen. Man muss da vorsichtig sein, denn auch ein mündliches Verkaufsgespräch kann mit meiner Zustimmung zum verkauften Produkt oder Vertrag zustande kommen. Da ich aber frei habe und es doch vielleicht etwas Wichtiges von der Arbeit sein könnte nehme ich das Telefongespräch entgegen.

»Hallo, mein Name ist Sandra Krumm und ich würde ihnen gerne unser neues Wasserspendermodell vorstellen.« Ich antworte gar nicht und lege sofort auf. Die unzähligen anderen Anrufe über den Tag hinweg ignoriere ich. Manche hinterlassen Nachrichten auf dem Anrufbeantworter. Mal ein genervtes Stöhnen, weil ich nicht ran ging. Mal eine Computerstimme, die eine Ansage macht. Mal nur Hintergrundgeräusche aus dem Callcenter. Warum habe ich eigentlich meinen Festnetzanruf nicht längst gekündigt? Würde ich nicht lieber übers Festnetz und mit einem Festnetztelefon telefonieren dann wäre der schon längst abgeschafft. Nach meiner Mittagssuppe gucke ich was so bei Netflix neues zum streamen gibt. Ich finde eine neue Abenteuerserie und fange mit der ersten Folge an. Es klingelt erneut an der Haustür. Ich drücke auf die Pausetaste auf der Fernbedienung und gehe zur Tür.

»Ja?« schon etwas genervter als die Male zuvor.

»Ja Hallo Herr B. Wir sind vom französischen Verein und haben gerade das Namensschild gelesen und wollten fragen ob sie Interesse hätten an einem kurzen Gespräch?« Ich verdrehe die Augen. Ist das heute der geh mir auf den Sack aber so richtig Tag? Ich antworte schroff mit nein und lege wieder den Hörer der Sprechanlage auf. Was fehlt denn jetzt noch? Die Zeugen Jehovas ja richtig. Lustiger weise haben die noch nie der Tür geläutet, dafür bei Freunden vom mir mindestens einmal im Monat, die in der Nachbarschaft wohnen und der portugiesische Nachname anscheinend ein Magnet für die Zeugen Jehovas ist. Man möge es kaum glauben ich schaffe es drei Folgen der Netflix Serie zu schauen bevor es wieder um 15:42 Uhr an der Tür klingelt. Entweder man behält den ganzen Tag Kopfhörer auf um seine Ruhe zu haben oder man muss die Wohnung verlassen. Jede Mediation CD rät das Handy auszuschalten, bevor man sich der Übung hingibt und ja nicht während der Meditation gestört zu werden. Leider haben sie vergessen, dass man am besten auch noch die Türklingel abstellt. Das kleine Fenster auf dem Fernseher kündigt die nächste Folge an. Ich warte bis sie startet und drücke auf Pause, um wieder zur Tür zu gehen.

»Ja?« dieses mal sehr patzig.

»Ich bin von der evangelischen Gemeinde und verteile unser Monatsbrief. Würden Sie mir bitte aufmachen und ich würde sie gerne zur Donnerstags- und Sonntagsmesse einladen.«

Ich ignoriere die Einladung, drücke auf den Türöffner und gehe zurück zu meiner Serie. Man was ich heute für Kalorien verbrauche, indem ich nur zur Tür renne. Man wird ja regelrecht schlankgeläutet. Nach der dritten Folge lauf ich schnell zum Bäcker und hole mir etwas Süßes zum Nachmittagskaffee. Unterwegs seh ich schon den Hermespaketdienst in der Straße. Kaum bin ich zurück und habe die Tür hinter mir geschlossen klingelt es wieder an der Tür. Mit der Vorfreude auf meinen Karottenkuchen melde ich mich wieder etwas freundlicher.

»Jaaa?«

»Hermes Paketdienst, können Sie ein Paket für ihren Nachbarn annehmen?« Ich überlege kurz.

»Ja mache ich. 2 Stock links.« ich öffne die Tür und nehme das riesige Zalando Paket entgegen, das mir den ganzen Türbereich blockiert. Der Hermesfahrer lässt mich auf seinem Gerät unterschreiben und bedankt sich. Eine Stunde später bittet mich der DHL Fahrer drei Amazon Päckchen für weitere Nachbarn anzunehmen. Auch das tue ich, da ich ja auch froh bin, wenn jemand etwas für mich entgegen nimmt. Jetzt haben wir kurz nach 17 Uhr und jetzt müsste doch wirklich alles an Störungen abgearbeitet sein. Ich hänge meine fertige Wäsche auf und räume die Spülmaschine aus. Da ich langsam wieder Hunger bekomme mach ich mir eine Tiefkühlpizza in den Ofen und leihe mir den neuen Stallone Film bei Amazon Prime aus, den ich mir angucken werde, wenn die Pizza fertig ist. Es wird langsam dunkel draußen und ich appelliere wirklich an den Anstand, dass man Leute Abends nicht mehr am Telefon belästigt doch mitten im Stallone Actiongemetzelt genau an der spannendsten Szene, klingelt um 21 Uhr wieder das Telefon mit einer langen Nummer mit komischer Vorwahl. Vergiss es Schätzchen. Gegen Stallone kommt keiner an, da kann die Feuerwehr klingeln, weil es im Haus brennt und ich mache weder die Tür auf noch geh ich ans Telefon. Klingel dich zu Tode und quatsch von mir aus unzählige Anrufbeantworter voll aber ich habe heute frei und der Abend gehört endlich mir allein und Silvester Stallone und wenn du keine Ruhe gibst dann sperre ich die Telefonnummer in der Fritz Box und du wirst mich nie wieder erreichen. Bäääm.

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